Schneiderei · unter der Nähmaschine

Schnittmuster ändern: mein Herbstkleid im britischen Hoschek-Stil

Liebe KleidermacherInnen,

in meinem Beitrag zum Me Made Mittwoch (#23) habe ich mein Herbstkleid vorgestellt, zu dem ich durch die aktuelle Herbst/Winter-Kollektion von Lena Hoschek „The Brits“ inspiriert wurde.

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An dem hellbraunen Kleid, das aus einem samtigen Material gefertigt zu sein scheint, hat mir neben der Farbe vor allem das Detail der Faltenlage im Oberteil sehr gefallen. Und neben dem passenden Stoff in meinen Materialkisten fiel mir auch ein passender Schnitt ein, den ich schon oft genutzt habe: der reproduzierten Vintage-Schnitt V8789 von Vogue Patterns.

Das Oberteil nach V8789 von Vogue Patterns: links nach ursprünglichen Schnittmuster, rechts nach der Schnittmusteränderung 

Die Passform des Kleides sowie meine bisherigen Erfahrungen mit dem Schnitt schienen ideal zu sein, um mich seit Langem einmal wieder mit der Veränderung eines Schnittmusters zu beschäftigen. Nachdem ein paar Tage über Wege und Möglichkeiten nachgedacht und in ein paar Nähbüchern gestöbert hatte, griff ich einfach zu einem Stück Nesselstoff und probierte es aus. Während dessen machte ich Fotos, um mich später an meinen Weg erinnern zu können, sollte die Schnittmusterveränderung gelingen. Und so bin ich vorgegangen:

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 1. Mit Hilfe von Kopierpapier und eines Kopierrädchens habe ich die Schnittlinien und Markierungen des vorderen Oberteils auf den Nesselstoff übertragen. Die blau gepunkteten Linien erscheinen auf der Unterseite des Stoffes.

2. Ich habe das grob ausgeschnitten Stoffstück gewendet, so dass die blauen Linien oben liegen. Ausgerichtet an der Schnittlinie der vorderen Mitte habe ich zwei Falten in den Stoff gelegt und mit Stecknadeln fixiert. Einige Schnittlinien, vor allem die der Ausschnittkante und die der Schulternaht, verschieben sich.

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3. Anschließend habe ich das Schnittmuster – ebenfalls gewendet – wieder auf den blauen Linien ausgerichtet und mich dabei vor allem am Brustabnäher und der unteren, mittigen und seitlichen Schnittlinie orientiert. Dann habe ich alle Schnittlinien und Markierungen erneut mit Hilfe des blauen Kopierpapiers auf die noch weiße Seite des Stoffes gerädelt. Damit möchte ich die eigentlichen Schnittlinien im Ausschnitt und an den Schultern erneut ermitteln, nachdem sie sich durch die Faltenlage verschoben haben.

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4. Ich wende den Stoff erneu, lege ihn auf rotes Kopierpapier und fahre all die blau gepunkteten Linien und Markierungen ab, die im vorherigen Arbeitsschritt entstanden sind. 

5. Ich wende des Stoff erneut und kann nun in blau die verschoben Schnittlinien nach Einsetzen der Falten sowie in rot die eigentlichen Schnittlinien trotz Faltenlage sehen. Die Unterschiede werden vor allem an der Ausschnittkante und an den Schultern deutlich.

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6. Ich schneide das Schnittteil (die Nahtzugabe ist im Schnitt bereits enthalten) entlang der roten Außenlinien aus und lege es auf ein weiteres Stück Nesselstoff. Um die Passform und die Faltenlage wirklich ausprobieren zu können, möchte ich das Oberteil probenähen und benötige dazu noch das zweite vordere Oberteil.

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7. Neben den beide Vorderteilen – links im Bild ganz flach liegend, rechts bereits mit gelegten Falten – schneide ich auch die beiden Rückenteile zu. Das Oberteil des Schnitts wird aus vier Teilen zusammengesetzt, wobei kein Schnittteil im Stoffbruch liegt. Das erleichtert das körpernahe Anpassen sehr.

8. Nachdem die erste Anprobe bereits erfolgreich war, schneide ich den eigentlichen Stoff des Kleides zu. Dafür trenne ich die Nähte des Probeteils wieder auf, so dass ich die Schnittlinien und Markierungen der Nesselstücke direkt auf den Stoff übertragen kann. 

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Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden und gleichzeitig etwas überrascht, dass der ganze Prozess der Schnittmusterveränderung leichter war, als gedacht. Eine kleine Stoffspielerei, die Mut und Lust auf mehr macht. Ich hoffe, meine Bilder und Erklärungen waren verständlich, solltet ihr einmal Ähnliches ausprobieren wollen.

Viele Grüße, K*

11 Kommentare zu „Schnittmuster ändern: mein Herbstkleid im britischen Hoschek-Stil

  1. Ein sehr tolles Kleid. Ich bin sehr beeindruckt und wahrlich begeistert.
    Da gefällt mir direkt alles. Auch die Farbe und die hübsche Raffung am Oberteil.
    Großartige Arbeit.
    Ich überlege ob ich mich auch mal an ein Kleid mit solchen Falten im Rockteil wage. Bisher hab ich ja „nur“ weite Röcke ohne solche Feinheiten genäht. Hm….sieht schon sehr toll aus.
    LG Dana

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      1. Ich kann es mir gut vorstellen. Auf deinem Blog habe ich dich in A-Linien-Kleidern und -Röcken gesehen, die dir wie ich finde sehr gut stehen. Der Faltenrock verbirgt viel Weite, wirkt aber schmaler und bauscht in der Taille nicht so wie ein gekräuselter Rock (obwohl ich von denen trotzdem nicht loskomme … ich mag auch das gekräuselte sehr gern). Ich merke immer, dass es sich lohnt den bestmöglichen Sitz in der Taille zu finden. (:

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  2. Das Kleid ist wunderschön, vor dem Schnitt stand ich auch schon mal als er reduziert war, konnte mich dann aber nicht entscheiden, da ich genau zwischen zwei Größen lag. Im Endeffekt ist der Schnitt ja auch relativ simpel, aber sehr aussagekräftig. Deine Änderung ist super gelungen und eine super Idee (na ja, nicht ganz deins, aber muss man auch erst mal drauf kommen). LG Anja

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  3. Ein sehr schönes Kleid – mir gefällt der samtige Taupe-Farbton sehr gut und die die Fältchen am Ausschnitt geben noch das gewisse Extra!

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  4. Dein Kleid ist so wunderschön, dass ich schon einem passendem Stoff geguckt habe, um es nachzumachen. Das Schnittmuster habe ich zuhause und auch schon genäht. Es sitzt perfekt. Leider gefiel mir der gekräuselte Rock nicht, sodass ich es fast nie getragen haben. Wegen der fehlenden Ärmel dachte ich, dass es ein reines Sommerkleid ist. Aus einem dicken Stoff genäht mit Strickjacke ist es allerdings auch perfekt für den Winter. Danke fürs Zeigen und herzlichen Dank für den liebevollen Gastpost auf dem MMM Blog!!! GLG, Nina
    PS Mein Weihnachtskleid wird aufgrund deiner schönen Kleider auch angehoschekt sein ;-))

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    1. Danke Nina! Für deine lieben Worte ebenso wie für deine Anfrage und Begleitung für meinen Post beim Me Made Mittwoch! Es hat mir viel Spaß gemacht. Das Kleid hatte ich schon lang in meinem Kopf, aber ohne den Gastbeitrag hätte ich es wohl dieses Jahr nicht mehr genäht. Ich bin sehr sehr gespannt auf dein Weihnachtskleid! Liebe Grüße, K *

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